Ausstellungstitel: Achtunddreissig Dinge

Nr. 04/38

Kleinasiatische Münzen aus Elektron, Silber und Bronze

Kleinasiatische Münzen aus Elektron, Silber und Bronze

Antike Münzen Kleinasiens, 6. Jh. v. Chr. - 3. Jh. n. Chr.; 5 - 35 mm (Durchmesser der Münzen);
Schenkung eines privaten Sammlers aus dem Rheinland im Jahr 2005;
Numismatische Arbeitsstelle des Instituts für Klassische Archäologie, Schloss Hohentübingen)
(Foto: Thomas Zachmann)

Mutterland des Münzgeldes

Im Jahre 2005 bekam die Numismatische Arbeitsstelle des Instituts für Klassische Archäologie eine Sammlung von beinahe 750 antiken Münzen Kleinasiens geschenkt (s. Wolters 2005). Die Münzen, die von einem privaten Sammler aus dem Rheinland gemeinsam mit seiner Ehefrau über mehrere Jahrzehnte sorgfältig zusammengeführt wurden, bieten einen hervorragenden Überblick zur antiken Münz- und Geldgeschichte Kleinasiens. In dieser Region sind nicht nur am Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr. überhaupt die ersten Objekte in Münzform aufgekommen, sondern aufgrund einer durchgehend regen Prägetätigkeit spiegeln sich in den Münzbildern und Nominalen dieses „Mutterlandes des Münzgeldes“ auch die wesentlichen politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen der Antike über annähernd ein Jahrtausend in seltener Dichte und Anschaulichkeit.

Münzen aus Elektron, Silber und Bronze dokumentieren verschiedene Metalle und Nominale, regional sind Reichs- und Städteprägungen vom Schwarzen Meer bis hinunter nach Kilikien vertreten. Den Beginn bilden die ersten als Münzen ansprechbaren Prägungen, die aus noch ungeschiedenem Gold und Silber – dem sogenannten Elektron – bestehen und nur eine Bildseite aufweisen. Schwerpunkte sind die autonomen Prägungen der Städte Kleinasiens in spätarchaischer und klassischer Zeit, die hellenistischen Reichsprägungen Alexanders d. Gr. und seiner Nachfolger, schließlich die unter römischer Hoheit ausgeprägten Cistophoren bzw. zahlreichen lokalen Bronzen. Deren Ausprägung wurde als Kleingeld von dem ansonsten zentralistisch auf Rom zugeschnittenen Römischen Kaiserreich geduldet. In den kleinasiatischen Städten erlebte ihre Herstellung aufgrund der weit zurückreichenden Prägetraditionen eine ganz besondere Blüte: Die Städte nutzten in den selbst gewählten Bildmotiven die Gelegenheit, sowohl dem Herrscher und dem Herrscherhaus ihre Referenz zu erweisen, als auch Selbstbewusstsein und kommunalen Stolz werbend zu verbreiten.

Die Bedeutung der Schenkung liegt einerseits darin, dass sie den antiken Schwerpunkt innerhalb der Münzsammlung des Archäologischen Instituts, als eine der auch international bedeutendsten Universitätsmünzsammlungen, ausbaut. Auf der anderen Seite stärkt der regionale Zuschnitt der Schenkung aber auch den traditionellen kleinasiatischen Forschungsschwerpunkt innerhalb der Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität, für den z. B. der langjährige und äußerst erfolgreiche Sonderforschungsbereich „Tübinger Atlas des Vorderen Orients (TAVO)“ oder auch das Graduiertenkolleg „Anatolien und seine Nachbarn: Kulturelle Wechselwirkungen und Zivilisationsentwicklung vom Neolithikum bis in die römische Kaiserzeit“ stehen.

Reinhard Wolters

- Mannsperger, D. (1981 ff.): Sylloge Nummorum Graecorum Deutschland: Münzsammlung der Universität Tübingen. Katalog der griechischen Münzen, bislang 6 Bände. Berlin / München.
- Wolters, R. (2005): Kleinasiens Münz- und Geldgeschichte. Attempto 19 : 32.

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