Ausstellungstitel: Achtunddreissig Dinge

Nr. 10/38

Mikroskop mit "Eisenack'scher Konservendose"

Eisenack´sche Konservendose“ - Mikroskop

"Eisenack´sche Konservendose“ - Mikroskop
Alfred Eisenack; um 1930; diverse Materialien; 42 x 22 x 28 cm (Mikroskop), 9,3 x 8,5 x 8,5 cm (Konservendose);
Vitrine im Dachgeschoss des Instituts für Geowissenschaften, Universität Tübingen
(Foto: Wolfgang Gerber)

Der Meister mit seinem „Eisenack´sche Konservendose“- Mi

Der Meister mit seinem „Eisenack´sche Konservendose“- Mikroskop bei
der Arbeit. (Reproduktion: Wolfgang Gerber)


Fotomikroskop Marke Eigenbau

Alfred Eisenack (1891-1982), Chemiker und Mikropaläontologe, hat dreißig Jahre am Institut für Geologie und Paläontologie in Tübingen geforscht und gelehrt. Seine hauptsächlichen Studienobjekte waren Kleinlebewesen mit Skeletten aus organischem Material, die er aus Sedimentgesteinen herausätzte.

Eisenack hatte ein besonderes Interesse am Paläozoikum des baltischen Raumes. Er untersuchte Graptolithen, Chitinozoen, Anneliden, einzellige Algen und mancherlei Gruppen aus anstehendem Gestein und Eiszeit-Geschieben. Später widmete er sich vorwiegend den Dinoflagellaten (einzelligen planktonischen Algen) des Mesozoikums und des Tertiärs. Eisenack entdeckte dabei die tertiäre Wetzeliella- und die Deflandrea-Gruppe; beide finden heute als Datierungshilfen weltweit Anwendung. Fast sprichwörtlich waren die einfachen Mittel und Geräte, mit denen er sein Material untersuchte und dokumentierte.
Die „Eisenack´sche Konservendose“, auf ein Mikroskop aufgesetzt, lieferte fotografische Aufnahmen von hohem internationalen Standard, die seine mehr als 150 Arbeiten illustrieren. Vorstufen der hier ausgestellten Geräte-Kombination wurden von ihm schon in den 1920er Jahren verwendet. Das Prinzip war immer dasselbe: Stets benutzte er Mikroskope mit geradem, senkrechtem Tubus, ohne zwischengeschaltete Prismen. In Höhe des Okulars wurde eine tellerartige Scheibe angebracht, auf die er eine einfache Konservendose setzte. Die Unterseite der Dose war ganz geöffnet; die Deckfläche, welche der späteren Filmebene entsprach, erhielt ein rechteckiges Fenster. Das Scharfstellen des zu fotografierenden Objektes erfolgte durch die Mikrometerschraube mit Hilfe einer Klapplupe („Fadenzähler“), welche quer über das Fenster gestellt wurde. Nach dem Scharfstellen konnte eine Platten- oder Planfilmkassette über die Öffnung gelegt und belichtet werden. In späteren Jahren hat Eisenack das System verfeinert: Nach dem Scharfstellen wurde die Konservendose gegen eine zweite, kürzere Dose mit aufgelegtem Kameragehäuse ausgewechselt, wobei die Filmebene genau der Einstellebene der ersten Dose entsprach. Ein erneutes Fokussieren war nicht notwendig, der Film konnte direkt belichtet und weitergedreht werden.

Dieses System ähnelt der nach dem Zweiten Weltkrieg im Handel erhältlichen „Mikrobox“ der Kosmos- Lehrmittelabteilung, wo ebenfalls ein Einstellgerät gegen ein Aufnahmegerät ausgetauscht wurde. Zum Beleuchten diente Eisenack eine einfache Glühbirne, deren Licht über den Planspiegel des Mikroskops zum Objektiv geführt wurde. Der Abstand zwischen Lampe und Spiegel wurde konstant gehalten; die Belichtungszeit, je nach der verwendeten Mikroskopoptik empirisch ermittelt, zählte jeweils mehrere Sekunden. Belichtet wurde nach der Taschenuhr und mit Hilfe des Drahtauslösers am Kameraverschluss.

Hans Gocht, Rahman Ashraf

- Eisenack, A. (Hrsg., 1964-76): Katalog der fossilen Dinoflagellaten, Hystrichosphären und verwandten Mikrofossilien. Bände I-VI in insgesamt 12 Lieferungen. Stuttgart.
- Gocht, H. (1982): Das wissenschaftliche Werk von Alfred Eisenack. Neues Jahrb. Geol. Paläont. Monatsh. : H. 11.

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