Fläche konstanter negativer Krümmung nach
Kuen; um 1885; Gips; 25 x 17 x 14 cm;
Mathematisches Institut, Universität Tübingen (Foto: Hilde Jensen)
Parabolische Ringzyklide; um 1875-85; Gips;
13 x 18 x 16 cm;
Mathematisches Institut, Universität Tübingen (Foto: Hilde Jensen)
Darstellung in Reliefperspektive; Entstehungsjahr
unbekannt; Gips; 20 x 49 x 6 cm;
Mathematisches Institut, Universität Tübingen (Foto: Hilde Jensen)
Die Modell-Sammlung des Mathematischen Instituts
wurde zu einem erheblichen Teil von Alexander Brill
(1842-1935) aufgebaut, der von 1884-1917 Ordinarius
für Mathematik in Tübingen war.
Verschiedene klassische Werke der Mathematik des
18. Jahrhunderts enthalten umfangreiche Figurentafeln.
Im 19. Jahrhundert ging man dazu über, auch
besondere Modelle anzufertigen.
Diese Bestrebungen nahmen etwa ab 1870 einen
großen Aufschwung.
1875 wurden Felix Klein (1849-1925) und Alexander Brill als ordentliche Professoren der Mathematik an die Polytechnische Schule (ab 1877 Technische Hochschule) München berufen. Sie leisteten dort Pionierarbeit bei der Reform der Mathematik-Ausbildung künftiger Ingenieure, und sie bauten eine Modellsammlung auf, die weit über München hinaus bedeutsam wurde. Ein Modellierkabinett für Studierende der Mathematik wurde eingerichtet. Die Modellier-Übungen bildeten einen Zweig der Arbeit im Mathematischen Seminar; ein Dreher und ein Gipsformator leisteten die schwierigen handwerklichen Arbeiten. So entstanden in München 1877-84 etwa 100 Modelle, von denen manche ein „weitergehendes Interesse“ (Brill) beanspruchen durften, die daher durch Abguss vervielfältigt und durch Vermittlung einer Buchhandlung vertrieben wurden. Bald etablierten sich auch verschiedene Modellverlage. Brills Bruder Ludwig gliederte 1877 der väterlichen Druckerei in Darmstadt einen solchen Modellverlag an.
„Dem Verfertiger eines Modells stand es frei, eine Abhandlung zu demselben zu schreiben, deren Veröffentlichung unter seinem Namen nicht wenig dazu anreizte, die oft mühsamen Rechnungen und Zeichnungen, welche der praktischen Ausführung zu Grunde lagen, durchzuführen. Öfter veranlaßte umgekehrt das Modell nachträgliche Untersuchungen über Besonderheiten des dargestellten Gebildes“ (Brill 1889: 77). Das ausgestellte Buch enthält solche Abhandlungen, die „Verfertiger eines Modells“ in den Jahren 1875-84 verfasst haben. Mit eingebunden ist der Katalog des Modellverlags von Ludwig Brill in Darmstadt (3. Aufl. 1885). Brill hat den Band gleichzeitig als Inventarverzeichnis der Tübinger Modellsammlung benützt; er trug die Inventar-Nummern eines Modells an den entsprechenden Stellen in das Buch ein.
Zum Zweck der Modelle sagt Brill: „[Die Modelle] dienen... teilweise den Bedürfnissen des Lehrvortrags... Die Meisten dieser Modelle sind jedoch bestimmt zur Förderung geometrischer Spezialstudien... viele dieser Modelle... [wenden sich] an den Forscher, dem sie Aufschluss geben über Fragen, die ihn vielleicht sonst schon beschäftigten oder zu denen das Modell selbst Anlaß gab“ (Brill 1889: 70).
Etwa zur Zeit des Ersten Weltkriegs erlahmte das Interesse an Modellen. Dies hatte „sicher nicht nur wirtschaftliche Gründe. Vielmehr traten in der Mathematik allgemeinere und abstraktere Gesichtspunkte in den Vordergrund“ (Fischer 1986: X). Das Buch von Fischer markiert jedoch einen gewissen Sinneswandel, ein neu erwachtes Interesse daran, „sich von Objekten der Mathematik ein Bild zu verschaffen“ (ebd.).
Gerhard Betsch
- Brill, A. (1889): Über die Modellsammlung des mathematischen
Seminars der Universität Tübingen. Druckfassung eines Vortrags
vom 7. November 1887. Math.-naturwiss. Mitt. (Tübingen) II.
Band (1887-88) : 69-80.
- Fischer, G. (Hrsg., 1986): Mathematische Modelle. 2 Bände.
Braunschweig / Wiesbaden.
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