Weinfass im Schloss Hohentübingen
Das „Große Fass“ im Tübinger Schlosskeller wurde ab 1546 erbaut und ist das älteste erhaltene Riesenweinfass weltweit (Guinness-Weltrekord). Sein Fassungsvermögen liegt bei rund 85 000 Litern.
Aufgrund einer nahen Fledermauskolonie kann das Fass aber nur in den Wintermonaten besucht werden.
Regelmäßige Führungen finden vom 1. November 2024 bis zum 15. März 2025 statt.
Historisches
Das älteste Riesenfass – in Quellen und im Volksmund auch als „großes Buch” bezeichnet – hat ein sehr großes Volumen. Legt man die Angaben aus den historischen Quellen zugrunde, dann fasst es 47 Fuder oder 286 württembergische „Eimer“ – umgerechnet etwa 85 000 Liter. Seine schiere Größe machte es zur überregionalen Attraktion. In fast allen Reisebeschreibungen und Chroniken über Tübingen wird es als Sehenswürdigkeit herausgestellt und der Besuch empfohlen. Auch in den Stadtansichten Tübingens aus der Frühen Neuzeit steht es oft im Vordergrund als Attraktion und Zeichen des Wohlstands der Stadt.
Nach einem schriftlichen Dokument des Landesarchivs Stuttgart (Signatur: A 256 Bd 34) erfolgte im Jahr 1549/50 eine Zahlung an Meister Simon Binder, den Erbauer des Fasses. Aufgrund dieser Quelle lässt sich das Weinfass exakt datieren und der Preis mit 389 fl. (Gulden) beziffern. Herzog Ulrich von Württemberg beauftragte den Bau des Fasses und ließ es im Keller des Schlosses Hohentübingen unter dem Rittersaal aufstellen.
Das Riesenfass misst etwa 6,80 Meter in der Länge und rund 4,70 Meter im Durchmesser. Sein Volumen beträgt nach Keplers Fassregel etwa 84 Kubikmeter. Ein dendrochronologisches Gutachten aus dem Jahr 2018 ermittelte ausgehend von elf Holzproben einen Datierungszeitraum. Die für den Fassbau verwendeten Eichen aus dem Schönbuch wurden zwischen 1546 und 1550 – mehrheitlich jedoch in den Wintermonaten 1548/49 und 1549/50 gefällt.
Wiedereröffnung
Wie der ehemalige Leiter des Amtes Tübingen von Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Bernd Selbmann, mitteilte, wurden die Bauarbeiten zur Erschließung des „Großen Fasses“ Ende Oktober 2017 abgeschlossen. Damit wird ein lang gehegter Wunsch der Tübinger Bevölkerung nach Zugänglichkeit des Fasses erfüllt.
Gemeinsam mit dem zuständigen Landesbauamt wurde ein Weg erschlossen, der aus den Räumen des Museums Alte Kulturen direkt zum großen Fass führt. Zunächst wurde die fledermausfreundliche Gestaltung einer Besucherplattform geplant und eine restauratorische Begutachtung des Fasses durchgeführt. Es war im oberen Teil bereits auseinandergebrochen und hatte sich zum Keller hin nach vorne geneigt. Die Restaurierung diente daher der statischen Stabilisierung und Instandsetzung.
Ganz besonders wichtig war aber der Schutz der Fledermäuse, die ja die Hauptbewohner im Schlosskeller sind. In engster Abstimmung mit der wissenschaftlichen Begleiterin der Fledermäuse, Ingrid Kaipf, wurde festgelegt, dass möglichst kein Metall verbaut wird, um den Orientierungssinn der Tiere nicht zu irritieren, und dass auch die Beleuchtung bei Führungen minimal gehalten wird. Ein temporär einsetzbarer Vorhang trennt das Fass vom restlichen Keller und somit auch vom weiter entfernten Fledermaushabitat.
Seit Januar 2018 sind nun öffentliche Führungen in den Wintermonaten möglich. Der Direktor des MUT, Prof. Dr. Ernst Seidl, freut sich sehr über diese Entwicklung: „Nachdem das älteste biochemische Labor weltweit vor zwei Jahren zugänglich wurde und im Sommer 2018 das ebenso singuläre Ensemble des Bohnenberger-Observatoriums zum 200-jährigen Jubiläum der württembergischen Landesvermessung restauriert und museal erschlossen wurde, ist dies erneut ein historisch herausragender und für alle Besucher höchst spannender Ort, der für die Öffentlichkeit zugänglich wird. Der Besuch des Fasses wird in die Highlight-Führungen im Museum integriert, sodass einem nichts Wichtiges entgeht – jetzt fehlt nur noch ein schönes Café auf dem Schloss…“
Die erforderlichen Mittel für die Restaurierung des Fasses und seine Erschließung in Höhe von rund 170 000 Euro wurden gemäß einer Vereinbarung der Universitätsstadt Tübingen mit dem Land Baden-Württemberg aus dem Nachlass von Gudrun Schaal und Stefanie Wechsler bereitgestellt. Gudrun Schaal und Jule Gastl waren 1949 die Gründerinnen der Buchhandlung „Gastl“. Nach dem Tod von Gudrun Schaal im Jahr 2007 ging das Erbe zunächst an die Mitbewohnerin Stefanie Wechsler – gestorben 2011 – und dann an die Stadt Tübingen über.
Rekord
Zusammen mit der restauratorischen Begutachtung und Instandsetzung des Fasses im Jahr 2017 hatte die Universitätsstadt Tübingen einen Antrag auf Aufnahme ins Guinnessbuch der Rekorde eingereicht. Im Oktober 2019 war es dann endlich offiziell: Tübingen besitzt das älteste Riesenweinfass der Welt:
„Dear Universitätsstadt Tübingen, we are thrilled to inform you that your application for Oldest wooden vat has been successful and you are now the Guinness World Records Title Holder!“ meldete Guinness an das MUT und die Universitätsstadt Tübingen.
An dieser Stelle daher nicht nur ein herzliches Dankeschön an das Amt für Vermögen und Bau Baden-Württemberg sowie allen Gewerken zur Ermöglichung des Zugangs des Fasses, sondern vor allem auch an die Universitätsstadt Tübingen, an OB Boris Palmer sowie Christopher Blum aus dem Fachbereich Kultur.
Besuchen Sie das Weinfass im Schloss Hohentübingen
Führungszeiten
Mi & Do, 16 Uhr
Fr–So, 14 & 16 Uhr
Preise Riesenfass-Führungen
Regulär: 3 € (zzgl. 5 € Eintritt)
Ermäßigt: 3 € (zzgl. 3 € Eintritt)
Gruppe Erwachsene: 50 € (zzgl. Eintritt)
Gruppe Schüler: 50 € (zzgl. Eintritt)
Eintritt (Museum Alte Kulturen)
Erwachsene: 5 €
Ermäßigt: 3 € (Kinder, Schüler, Studenten, Rentner, Schwerbehinderte)
Familienkarte: 12 €
Tübinger Studierende: frei
Buchung
Buchen Sie Ihr Ticket unter www.fassticket.de
Gruppenbuchungen telefonisch oder per Mail
Telefon: 07071-29-77579
E-Mail: museumuni-tuebingen.de
Adresse
Museum Alte Kulturen
Burgsteige 11
72070 Tübingen