Das ‚Dörfle‘ in der Weststadt
SONDERAUSSTELLUNG
19. Juni bis 14. Juli 2023
ADRESSE
Technisches Rathaus | Brunnenstraße 3 | 72074 Tübingen
ÖFFNUNGSZEITEN
Mo bis Do, 8 bis 18 Uhr und Fr, 8 bis 15 Uhr
EINTRITT
Frei
Eine Tübinger Heimatgeschichte von Geflüchteten, Asylant*innen und Anderen
Die Idee zur Ausstellung entstand nach einer Begehung der Weststadt zum Thema „Flucht“ im April 2022 mit dem Ziel, das „Dörfle“ zu dokumentieren. In einem Seminar von Professor Reinhard Johler, Direktor am Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft, widmeten sich sechs Studierende den historischen, gesellschaftlichen und sozialen Eigentümlichkeiten des „Dörfles“. In mühevoller Arbeit untersuchten sie die Lebenswelt der Bewohner_innen der architektonisch herausstechenden Siedlung aus dem Jahr 1991. Dem Architekten Professor Peter Hübner war es wichtig, den Geflüchteten ein besonderes und für Tübingen typisches Zuhause zu bieten mit Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung, ebenerdigen Häuschen und viel Grün.
Das Fazit der Studierenden: Das „Dörfle“ ist ein Erfolgsmodell und zugleich ein Symbol, um Menschen in Notlagen in Tübingen eine Heimat zu eröffnen. Bis heute ist das Miteinander in der Häuschensiedlung vergleichsweise harmonisch und konfliktfrei. Die teilweise im hohen Alter angekommenen Bewohner_innen können sich auf gegenseitige Hilfe verlassen. Die Ausstellung des Ludwig-Uhland-Instituts für Empirische Kulturwissenschaft lässt Menschen zu Wort kommen, die in oder um die Siedlung wohnen, und wirft einen Blick auf die Besonderheiten des „Dörfles“.
Zu sehen ist die Ausstellung bis Freitag, 14. Juli 2023, im Technischen Rathaus (Montag bis Donnerstag 8 bis 18 Uhr, Freitag 8 bis 15 Uhr).
Die Ausstellung
Fluchtmigration gehört nicht nur zu den zentralen Erfahrungen der Gegenwart, sie hat auch längst ihre besonderen Orte des Ankommens geschaffen: das Lager, die Siedlung, die Baracke, den Container. In dieser Liste hat das ‚Dörfle‘ in der Tübinger Weststadt einen festen und auch einen originären Platz sicher. Es steht stellvertretend für eine besonders Asylant*innen und Spätaussiedler*innen umfassende dritte große Migrationswelle, die Tübingen – nach den Heimatvertriebenen der Nachkriegszeit und den ab 1960 angeworbenen ausländischen Gastarbeiter*innen – zwischen 1989 und 2005 erreicht und seither mitgeprägt hat.
Die Schließung der Sammelunterkunft für Asylsuchende in der Thiepval-Kaserne im Herbst 1989 hat den Tübinger Gemeinderat zu einer Neuregelung der Unterbringung von Geflüchteten gezwungen. Man entschied sich unter hohem Zeitdruck für eine bessere Betreuung und eine dezentrale Verteilung. Zudem wurde beschlossen, die Asylbewerber*innen „in menschenwürdigen Wohnungen aufzunehmen“. Die 1989 genehmigte, aber erst 1991 gebaute Siedlung in der Sindelfinger Straße drückte dieses städtische Versprechen in besonderer Weise aus. Die vom Architekten Peter Hübner geplante Siedlung mit ihren 16 ‚Häuschen‘, ihren charakteristischen Spitzdächern und ihren größeren Grünflächen bot für 120 Menschen Wohnraum. Sie war anspruchsvolle „Architektur für Asylanten“ zum einen und ein Tübinger „Modell für Integration“ zum anderen.
Eröffnung der Ausstellung
Die Eröffnung der Ausstellung fand am 19. Juni um 18 Uhr im Foyer des Technischen Rathauses in der Brunnenstraße statt. Der Erste Bürgermeister Cord Soehlke begrüßte die Gäste. Außerdem tratt die langjährige Bewohnerin Linda Li aus der Künstlergruppe 91 auf.
Das Team
Empirische Kulturwissenschaft: Forschung und Ausstellung
Elisabeth Dauhrer | Prof. Dr. Reinhard Johler | Anne Mann | Martha Mazanek | Hanna Scheffold | Henriette Schneider | Lukas Valet | Daniela Wenzel
Museum Universität Tübingen MUT: Gestaltung und Technik
Isabell Füssl | Dr. Michael La Corte | Lucas Rau |
Prof. Dr. Ernst Seidl
Beratung und Bau
Prof. Dipl. Ing. Peter Hübner