Schöningen – Der große Wurf
Sonderausstellung des MUT vom 29. Juli bis 3. Oktober 2022
SONDERAUSSTELLUNG
29. Juli bis 3. Oktober 2022
VERNISSAGE
Donnerstag, 28. Juli 2022, 19 Uhr
ADRESSE
MUT | Alte Kulturen | Schloss Hohentübingen Burgsteige 11, 72070 Tübingen
ÖFFNUNGSZEITEN
Mi bis So, 10 bis 17 Uhr Do 10 bis 19 Uhr
EINTRITT
Erwachsene: 5 Euro Ermäßigt: 3 Euro Familienkarte: 12 Euro Studierende der Universität Tübingen: frei
KONTAKT
museum@uni-tuebingen.de, 07071 29 77579 www.unimuseum.de
Die archäologische Fundstelle im niedersächsischen Schöningen liefert wichtige Hinweise auf die früheste Besiedlungs- und Kulturgeschichte der Menschen Mitteleuropas vor rund 300 000 Jahren. Bereits seit 1994 finden dort kontinuierlich Ausgrabungen am Rande eines Tagebaus statt, seit 2008 unter der wissenschaftlichen Leitung des Instituts für Ur- und Frühgeschichte und Quartärökologie der Universität Tübingen, seit 2016 in Kooperation mit dem Seckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenviroment. Die Ausgrabungen, einige der neuen spektakulären Funde und Forschungsergebnisse werden nun in einer Wanderausstellung gezeigt, die ihre erste Station im Museum der Universität Tübingen MUT hat. Sie wird vom 29. Juli bis 3. Oktober 2022 zu sehen sein.
In Schöningen erlauben die hervorragenden Erhaltungsbedingungen am Ufer eines Sees und die vielen Hinterlassenschaften früher Menschen Einblicke in die Lebenswelt des inzwischen ausgestorbenen Homo heidelbergensis. Aus diesem außergewöhnlichen archäologischen Archiv stammen auch die berühmten altsteinzeitlichen Schöninger Speere, die als die ältesten vollständig erhaltenen Jagdwaffen der Welt gelten. Die neue Wanderausstellung gewährt anhand von Originalfunden, Nachbildungen und Zeichnungen des Künstlers Benoît Clarys sowie großformatigem Bildmaterial Einblicke in diese längst vergangene Epoche.
Vernissage
Die Vernissage der Ausstellung fand am 28. Juli um 19 Uhr in der Schlosskirche statt.
PROGRAMM
Grußworte
Prof. Dr. Thilo Stehle
Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen
Prof. Dr. Ernst Seidl
Direktor des Museums der Universität Tübingen MUT
Prof. Dr. Klement Tockner
Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
Vortrag
Prof. Nicholas J. Conard PhD
Direktor der Abteilung für Ältere Urgeschichte und Quartärökologie
Führung durch die Ausstellung
Dr. Jordi Serangeli
Grabungsleiter an der Forschungsstation Schöningen
Am Schöninger Seeufer werden Singschwäne mit Speeren und Wurfstöcken gejagt. Nachdruck eines Aquarells von Benoît Clarys 2020
Vor 300 000 Jahren entdecken Menschen am Schöninger Seeufer den Kadaver einer alten Elefantenkuh und nehmen ihn in Besitz.
Nachdruck eines Aquarells von Benoît Clarys 2020
Auch Wildpferde werden am Schöninger Seeufer mit Speeren gejagt.
Nachdruck eines Aquarells von Benoît Clarys 2018
Was? Wann? Wo?
Warum sind wir so, wie wir sind? Wann sind wir zu Menschen geworden? Was haben unsere steinzeitlichen Vorfahren mit uns gemeinsam und worin unterscheiden wir uns? Was haben sie gegessen? Welche Tiere und Pflanzen gab es? Wie sah die Umwelt damals aus und wie war das Klima? In Schöningen, Niedersachsen, liegt eine archäologische Fundstelle, die in der Beantwortung all dieser Fragen eine wichtige Rolle spielt. Bereits seit dem Jahr 1994 finden dort fortlaufende Ausgrabungen am Rande eines Tagebaus statt. Vor 300 000 Jahren befand sich an gleicher Stelle das Ufer eines Sees. Die hervorragenden Erhaltungsbedingungen und die vielen Hinterlassenschaften dieses außergewöhnlichen archäologischen Archivs erlauben eine besonders detailreiche Rekonstruktion der damaligen Lebenswelt.
Die Wanderausstellung gewährt anhand von Originalfunden, einzelnen Nachbildungen, Zeichnungen des Künstlers Benoît Clarys und großformatigem Bildmaterial Einblicke in diese längst vergangenen Zeiten.
Es geht aber nicht nur um die Vergangenheit. Themen wie Klimaschwankungen, Umweltveränderungen und die Suche nach dem wahren Wesen des Menschen sind grundsätzliche Fragen, die selten so aktuell waren wie heute.
Mensch und Kultur
Die Grabungsstelle Schöningen mit ihren hervorragend erhaltenen Funden liefert uns, wie keine zweite weltweit, tiefgreifende Einblicke in das Leben vor rund 300 000 Jahren. Durch die langjährigen Ausgrabungen des Niedersächsischen Landesamts für Denkmalpflege in Hannover und der Universität Tübingen wissen wir, dass die Steinzeitmenschen über einen großen Zeitraum hinweg immer wieder an diesen Ort kamen. Ihre Anwesenheit ist durch mehr als 30 Fundschichten mit Holz-, Stein- und Knochenartefakten belegt. Die Objekte stammen von Vertretern des späten Homo heidelbergensis, dem Vorgänger des Neandertalers. Eine Lanze, Speere, Wurfstöcke und ein Grabstock aus Holz, Schaber, Abschläge, Absplisse aus Feuerstein, zahlreiche Werkzeuge aus Knochen sowie Knochen mit Schlag- und Bearbeitungsspuren zeigen uns die Vielfalt an Fähigkeiten, die unsere altsteinzeitlichen Vorfahren bereits besaßen. Diese Objekte sind für Archäologen aber nicht nur leblose Gegenstände. Hinter ihnen stecken Geschichten, die 300 000 Jahre lang gewartet haben, um erzählt zu werden. Was bedeutete es für die Entwicklung des Menschen, einen Speer, also eine Waffe, zu haben? Was bedeuten regelmäßige Schnittspuren an den Knochen? Hat man den Tieren das Fell abgezogen? Hat man danach die Knochen noch weiter verwertet? Was kann man mit einem Steinwerkzeug machen? Konnte man damit Wurzeln ausgraben?
Mensch und Evolution
Der Mensch besitzt nicht nur Kultur, sondern er ist auch Teil der Natur. Als solches ist er, wie jedes andere Wesen, dem Druck seiner Umgebung ausgesetzt. Er passt sich an: kulturell, technisch und biologisch. Der Aufrechte Gang ist sicher ein Meilenstein in der Evolution. Mit den frei gewordenen Händen lernten unsere Vorfahren, Werkzeuge herzustellen sowie Grabstöcke und Speere beim Sammeln und Jagen zu verwenden. Sie konnten sich vielfältige Nahrung sichern, und das Gehirnvolumen wuchs. Aber in der Evolution des Menschen haben auch Raubtiere eine besondere Rolle gespielt. Sie waren Konkurrenten und Gefahr – insbesondere in der Nacht. Die Entdeckung mehrerer Knochen und Zähne der Säbelzahnkatze sowie von Bären, Wölfen und Löwen beweist, dass die steinzeitlichen Menschen die Waffen nicht nur für die Jagd, sondern auch zur Verteidigung benutzten. Das gemeinsame Erleben und Abwehren einer solch gefährlichen Situation stärkte die sozialen Bindungen und den Zusammenhalt einer Gruppe. Die in Schöningen gefundene Säbelzahnkatze war im Durchschnitt etwa so groß wie ein heutiger Löwe oder Tiger. Sie erreichte eine Schulterhöhe von 0,9 bis 1,1 m, eine Gesamtlänge von 1,5 bis 2 m und ein Gewicht von bis zu 200 kg.
Mensch und Umwelt
Heute sind wir in Europa an unsere menschengeprägte Umwelt mit Feldern, Städten, Straßen und begradigten Flüssen gewöhnt. Wildnis verfügt in Deutschland gerade einmal über 0,6 % der Landesfläche. Dadurch können wir uns nur schwer vorstellen, dass früher vieles anders aussah. Weite Landschaften mit Großtieren wie Elefanten, Nashörnern, Büffeln und Raubkatzen wie in Afrika oder Asien erscheinen uns eher ungewöhnlich. Vor etwa 300 000 Jahren gab es solche Gebiete aber überall, auch in Deutschland. Damals nahm der Mensch nur wenig Einfluss auf die Landschaft um ihn herum. Die Umwelt wurde von natürlichen Faktoren wie dem Klima, der Topografie, der Geologie und den damals lebenden Tieren bestimmt. Unter den vielen Wildtieren, die in Schöningen entdeckt wurden, verdient die Elefantenkuh Nelly besondere Aufmerksamkeit. In den Jahren 2017 bis 2020 wurde ihr fast vollständiges Skelett entdeckt, ausgegraben und dokumentiert. Sie war umgeben von zahlreichen Stein- und einigen Knochenartefakten. Diese Funde waren der Beweis, dass der Mensch ebenfalls anwesend gewesen ist. Da die Elefantenkuh etwa 50 Jahre alt gewesen ist und ihre letzten Backenzähne stark abgenutzt waren, kann man davon ausgehen, dass die Menschen in diesem Fall einen natürlich verendeten Elefanten verwertet haben.
Öffnungszeiten
Mi bis So, 10 bis 17 Uhr
Do, 10 bis 19 Uhr
Buchbare Angebote
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Führungen sind auf Anfrage auch außerhalb der Öffnungszeiten möglich.
Tel: +49 (0)7071 29 77579
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Förderer
Ausstellungsort
MUT | Alte Kulturen
Burgsteige 11
72070 Tübingen
Öffnungszeiten
Mi bis So 10 bis 17 Uhr
Do 10 bis 19 Uhr
Eintritt
Erwachsene: 5 €
Ermäßigt: 3 € (Kinder, Schüler, Studenten, Rentner, Schwerbehinderte)
Familienkarte: 12 €
Tübinger Studierende: frei
Kontakt
Tel.: +49 (0)7071 29 77579