Beim Schatz des November 2023 handelt es sich um eine Bonzemünze, ein sogenannter Sesterz aus dem Zeitraum 103-111 n. Chr. mit der Tübinger Inventarnummer III 721/91. Das Stück wurde der Universität Tübingen 1798 von dem Stuttgarter Regierungsrat Carl Sigmund Tux testamentarisch vermacht und wird seitdem in unserer Sammlung aufbewahrt. Die Münze hat einen Durchmesser von knapp von 34 mm, wiegt etwas über 27 g und stammt aus der stadtrömischen Münzstätte in Rom.
Auf der Vorderseite ist die Büste des Kaisers Trajan (98-117 n.) mit Lorbeerkranz und Feldherrenmantel nach rechts dargestellt. Die um das Münzbild verlaufenden Buchstaben IMP CAES NERVAE TRAIANO AVG GER DAC P M TR P COS V P P nennen den Kaiser mit vollem Namen und seiner Herrschaftstitulatur im Dativ, also in etwa „[das ist eine Münze] für den Imperator Caesar Nerva Trajan Augustus, Sieger über die Germanen, Sieger über die Daker, Oberster Priester, Inhaber der Tribunizischen Gewalt, Konsul zum 5. Mal und Vater des Vaterlandes“.
Die Rückseite der Münze enthält ebenfalls eine lateinische Umschrift; sie lautet SPQR OPTIMO PRINCIPI und lässt sich ungefähr mit folgender Bedeutung übersetzen: „Der Senat und das römische Volk [widmen diese Münze] dem besten Herrscher (Princeps)“. Über das Bildfeld der Rückseite spannt sich ein Brückenbogen, unter dem ein Boot hindurchfährt.
Kaiser Trajan, unter dessen Regentschaft diese Münze geprägt wurde, ist dafür bekannt, dass unter seiner Herrschaft das römische Reich seine größte Ausdehnung erreichte. Er war es auch, der im Zuge der Dakerkriege zwischen 101-106 n. das Gebiet der Daker – in etwa das heutige Rumänien – eroberte und zu einer römischen Provinz machte. Die auf der Rückseite abgebildete Brücke feiert vielleicht dieses Ereignis. Ein Teil der Forschung will in der Brücke nämlich eine Illustration jener Brücke erkennen, die Trajans Heer beim heutigen rumänischen Ort Drobeta Turnu Severin unter Anleitung und Planung des berühmten Architekten Apollodor von Damaskus für die Eroberung Dakiens über die Donau baute. Mit einer Länge von über einem Kilometer war sie zu ihrer Zeit vermutlich die längste Brücke der Welt. Wenn das kein Grund war, das Bauwerk mithilfe der Münzprägung stolz dem römischen Volk zu präsentieren? Die Brücke ist auch auf der Trajanssäule in Rom abgebildet und noch heute sind Reste der Brückenpfeiler auf dem serbischen und rumänischen Donauufer zu sehen.
Die Münze ist auch unter https://www.ikmk.uni-tuebingen.de/object?id=ID6274 im Digitalen Münzkabinett des Instituts für Klassische Archäologie virtuell zu besichtigen.
Prof. Dr. Stefan Krmnicek