Beim Schatz des Monats November 2024 handelt es sich um eine Münze des Instituts für Klassische Archäologie.
Die vorliegende Münze (Nr. 29) ist eine 4,03 g schwere Silberprägung, eine sogenannte Drachme, mit 19 mm Durchmesser. Die Münze gelangte im Jahr 1975 mit der Stiftung des Altphilologen, Professor Hildebrecht Hommel in die Sammlung des Instituts für Klassische Archäologie. Sie trägt heute die Tübinger Inventarnummer SNG 4608.
Auf der Vorderseite der Münze sehen wir das realistisch anmutende Porträt eines Mannes fortgeschrittenen Alters nach rechts gewandt. Um die Stirn trägt er eine Stoffbinde, ein sogenanntes Diadem, welches in der hellenistischen Welt von Sizilien bis an den Indus als königliche Insignie galt. Ein Ende des Diadems flattert wie im Wind hinter dem Nacken des Mannes. Die Vorderseite der Münze trägt keine Inschrift, die uns den Dargestellten identifizieren lässt.
Sehen wir uns nun die Rückseite der Münze an: die griechische Göttin Athena steht mit korinthischem Helm nach links, in der ausgestreckten rechten Hand hält sie eine Nike, eine kleine Siegesgöttin, mit Kranz. Die linke Hand stützt Athena auf einen Rundschild und hält eine Lanze. Links neben ihr ist ein aus verschiedenen Buchstaben zusammengefügtes Monogramm zu sehen. Dabei handelt es sich um ein Verwaltungszeichen der Münzstätte, ähnlich unseren heutigen Seriennummern auf Geldscheinen. Die das Bild rahmende Legende in griechischer Schrift (ΒΑΣΙΛΕΩΣ ΑΡΙΑΒΑΡΖΑΝΟY ΦΙΛΟΡΩΜΑΙΟY) lässt sich mit „(Das ist eine Münze) des Königs Ariobarzanes I. Philorhomaios“ übersetzen. Der Name Philorhomaios bedeutet „Römerfreund“. Unterhalb von Athena und der Legende sind die beiden Buchstaben KΔ zu erkennen. Dies ist eine Jahresangabe und heißt „(Jahr) 24“. Damit wissen wir nun, dass es sich hier um eine Drachme von Ariobarzanes I. handelt, der als König von Kappadokien 96–42 v. Chr. regierte und dass die Münze im 24. Jahr seiner Regentschaft, also etwa 72 v. Chr. geprägt wurde.
Das antike Königreich Kappadokien erstreckte sich in Zentralanatolien, sein Zentrum war Eusebeia bzw. Kaisareia, das heutige Kayseri in der Türkei. Im 1. Jh. v. Chr., als die unabhängigen Königreiche in Kleinasien an Macht und Einfluss verloren, verfiel Kappadokien immer mehr zu einem Spielball der Großmächte Rom, dem Königreich Pontus an der Schwarzmeerküste und dem antiken Königreich Armenien. Ariobarzanes wurde von den Römern als Marionette in Kappadokien inthronisiert und politisch unterstützt – daher auch sein Beiname Philorhomaios, „Römerfreund“. Sechsmal setzten seine Opponenten, angeführt vom Königreich Pontus, ihn ab, jedes Mal konnte er Dank römischer Hilfe den Thron jedoch wiedererlangen.
Die vorliegende Münze ist auch im Digitalen Münzkabinett des Instituts für Klassische Archäologie virtuell zu besichtigen.
Stefan Krmnicek