Beim Schatz des Monats Oktober 2023 handelt es sich um ein Feuersteinwerkzeug aus der steinzeitlichen Fundstätte von Schöningen in Niedersachsen, Deutschland.
Aus dem Alter der Fundstelle (ca. 300 000 Jahre) lässt sich ableiten, dass dieses Werkzeug von einer anderen menschlichen Spezies als der unseren hergestellt wurde, da unsere Spezies (Homo sapiens) zu dieser Zeit noch nicht in Europa lebte. Obwohl es schwierig ist, genau zu sagen, um welche Spezies es sich handelt, da bei den Ausgrabungen keine menschlichen Knochen gefunden wurden, können wir anhand dieses Steinartefakts etwas über ihre Fähigkeiten zur Werkzeugherstellung sagen.
Wenn wir uns die mit einer gestrichelten weißen Linie markierte Kante genau ansehen, können wir die kleinen Feuersteinabschläge erkennen, die von dem größeren Abschlag abgeschlagen wurden, um eine Art von Werkzeugkante zu schaffen, die Archäologen traditionell als "Schaber" bezeichnen. Doch nur weil wir diese Art der Werkzeugherstellung als "Schaber" bezeichnen, heißt das nicht unbedingt, dass sie von den frühen Menschen auf diese Weise verwendet wurde. Wenn man die Kanten des Werkzeugs unter dem Mikroskop untersucht, kann man Spuren entdecken, die von der Verwendung des Artefakts durch die frühen Menschen erhalten geblieben sind.
Dieses Artefakt wurde im Material Culture Lab der Universität Tübingen untersucht, und an der Kante wurden Gebrauchsspuren festgestellt, die auf das Schaben von Holz schließen lassen, was bedeutet, dass die Kategorie "Schaber" in diesem Fall recht gut passt. Wir können dies mit einem hohen Maß an Sicherheit sagen, da die Spuren auf dem Artefakt sehr gut mit den Spuren übereinstimmen, die an experimentellen Repliken entstehen, die im Labor zum Abschaben von Rinde von Baumästen verwendet werden. Dieses Forschungsgebiet wird als Gebrauchsspurenanalyse und experimentelle Archäologie bezeichnet und kann neben Steinwerkzeugen auf viele andere Artefaktkategorien angewandt werden, um zu verstehen, wie diese Artefakte in der Vergangenheit von Menschen benutzt wurden.
Der Fund von Steinwerkzeugen mit Spuren von Holzbearbeitung gibt einen spannenden Einblick in das Leben der Menschen, die vor 300 000 Jahren in Schöningen lebten, als es eine Seenlandschaft mit reichlich Wildpflanzen und -tieren war. Steinwerkzeuge wie dieses Artefakt könnten von den frühen Menschen zum Bau von hölzernen Jagdwaffen oder Sammelwerkzeugen verwendet worden sein, mit denen man am Seeufer Beute jagte oder nahrhafte Wasserpflanzen sammelte.
Natasha Singh B. Sc.