Die 1000 Namen Vishnus – Die Restaurierung
Die beiden indischen Handschriften Ma I 893 und Ma I 894 waren wegen der vielen Schäden an Papier, Bindung und Einband eine große Herausforderung für die Restaurierung. Der Abschluss der Papierrestaurierung bietet nun die einmalige Chance, alle Miniaturen gleichzeitig der Öffentlichkeit zu präsentieren, was nach einer Neubindung so nie wieder möglich sein wird. Die intensive Beschäftigung mit den Handschriften während der Restaurierung gibt immer zugleich auch aufschlussreiche Einblicke in den Prozess der Herstellung und in das weitere Schicksal. Einen ausführlichen Beitrag bietet der Katalog „Die 1000 Namen Vishnus“ zu dieser Ausstellung. Die aufwändigen Arbeiten wurden 2018/2019 sowohl von dem Restaurierungsatelier Schrempf/Schrade/Becker in Esslingen als auch von der Restaurierungswerkstatt der Universitätsbibliothek Tübingen ausgeführt.
Im Folgenden wird der Restaurierungsprozess der Handschriften im Detail vorgestellt. Außerdem erfahren Sie Einzelheiten zur Gestaltung der Textseiten selbst.
Ma I 894, fol. 358v nach der Restaurierung
Der Fokus in der Restaurierung lag vielmehr in der Konservierung der originalen historischen Substanz als in der Rekonstruktion. Die Sicherung und Festigung standen im Vordergrund, Fehlstellen dürfen sein, solange sie nicht das Original substanziell gefährden.
Die Gestaltung der Textseiten
Ein kurzer Überblick
MA I 894 - fol. 248v und fol. 249r
Im reizvollen Wechselspiel von Schwarz und leuchtendem Orange sind alle Textseiten von Ma I 984 gleich aufgebaut. Der sechszeilige Text mit orangenen Interpunktionszeichen ist gerahmt von einer einfachen Zierleiste aus einem breiteren orangenen Band, flankiert von einer dünnen schwarzen und orangenen Linie.
MA I 893 - fol. 35v und fol. 36r
Die Gestaltung der einfachen fünfzeiligen Textseiten von Ma I 893 gleicht der von Ma I 894 bis auf eine zusätzliche äußere schwarze Konturlinie des Rahmens (fol. 35v). Dies könnte für dasselbe Skriptorium sprechen, selbst wenn die Bildseiten beider Handschriften stilistisch eindeutig nicht aus einer Werkstatt stammen. Daneben gibt es Seiten, bei denen einzelne Textpassagen mit rubrizierter, also mit roter, und mit goldener Auszeichnungsschrift geschrieben sind (fol. 36r).
MA I 894 - fol. 195v und fol. 196r
Wichtige inhaltliche Zäsuren sind in Ma I 893 immer durch zwei sich gegenüberliegende Textzierseiten hervorgehoben. Auf der recto-Seite wird der Textrahmen ergänzt durch ein vegetabiles Friesband mit alternierenden Palmetten und stilisierten Lotusblüten zwischen zwei schmalen Leisten mit Dreipunktmuster (fol. 196r). Auf der verso-Seite kulminiert die Pracht der Rahmengestaltung in einem Goldband mit zwei Blütenranken, umgeben von einem breiten arabesken Mustergrund, der die äußeren Rahmenleisten sprengt und mehr Fläche einnimmt als das eigentliche Textfeld (fol. 195v). Kostbares Blaupigment und Gold dominieren diese äußerst filigrane Ornamentik, deren Formensprache deutlich von der persischen Kunst beeinflusst ist.